Jahresregister 2019

Schwerpunkte

spw 235 – 06/19

Gesellschaftliche Infrastrukturen – Von der Kapitallogik zur gemeinwohlorientierten Infrastrukturökonomie

Die Krise der öffentlichen Infrastruktur ist im Alltag deutlich präsent und erfahrbar und zeichnet sich seit vielen Jahren ab. Neu sind weder die Personalknappheit, Versorgungslücken oder die Auswirkungen der Privatisierung oder Renditeorientierung öffentlicher Daseinsvorsorge noch die Debatten um deren soziale, ökonomische und ökologische Folgen. Vielmehr hat eine Krisenkonstellation aus Alltagserfahrung und ihrer medialen Aufmerksamkeit, Konjunkturschwäche, dem nahenden Verbot der Neuverschuldung für die Bundesländer ab dem Jahr 2020 und anwachsenden sozialen und ökologischen Protesten den politischen Druck erhöht.


spw 234 – 05/19

Digitaler Kapitalismus – Mythos oder Realität?

Die Debatte um den digitalen Kapitalismus trifft mitten in eine Zeit, in der sich der Neoliberalismus nach einer längeren Phase kultureller Hegemonie in einer tiefgreifenden Krise befindet. Man könnte auf die Idee kommen, dass mit der Digitalisierung der Ökonomie erst die Zeit des Wirtschaftsliberalismus gekommen sei, da flexible Technologien, der Trend zu individualisierten Produkten und kürzeren Produktlebenszyklen sowie die zunehmende Bedeutung von Big Data nach mehr Markt verlangten. Doch die Parole „Digital first, Bedenken second“ ist längst der Realität gewichen. Überall hat sich die Kunde von der Macht der GAFA-Konzerne verbreitet. Die neoliberale Mission, fast alle Güter und Dienstleistungen den Märkten zu überlassen und durch Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung einem marktwirtschaftlichen Individualismus zu frönen, hat sich vor den unerbittlichen Realitäten kapitalistischer Krisenprozesse und Ausbeutungsverhältnisse blamiert.


spw 233 – 04/19

Bewegte Zeiten: Linke Bewegungen, Proteste und gewerkschaftliche Kämpfe

Im teils scharfen Kontrast zu den beiden letzten Jahrzehnten mit der Hochphase neoliberaler Diskurse und des vermeintlichen „Endes der Geschichte“ (Fukuyama) ist neben verstärkten und teils erfolgreichen betrieblichen Kämpfen eine deutlich breitere Mobilisierung von progressiven Protesten und teils auch Bewegungen in Deutschland und in einigen anderen Ländern Europas zu beobachten. Ihre Mobilisierungsstrategien, ihr Aufflammen und Abflauen kann ohne die Analyse der Alltagswahrnehmungen und -praktiken nicht verstanden werden. Solidarisierungen, in Form von Protesten und sozialen Bewegungen hängen eng mit kapitalistischen und wohlfahrtsstaatlichen Pfadentwicklungen sowie der politischen Repräsentation der jeweiligen gesellschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen zusammen.


spw 232 – 03/19

50 Jahre Juso-Linkswende – Geschichte und Zukunftsperspektiven

Das Jahr 1969 ist mit Ereignissen und politischen Kämpfen verbunden, die in medialen Geschichtsbildern, gesellschaftspolitischen Kontroversen und Alltagsdebatten bis heute eine prominente Rolle spielen: So etwa die häufig als Projektionsfläche bemühten 68er und Forderungen nach einem Bruch mit der politischen Kontinuität des Faschismus sowie nach politischen und kulturellen Öffnungen, die Zweite Frauenbewegung, Willy Brandt als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler einer sozialliberalen Koalition und seinem Versprechen, mehr Demokratie zu wagen. Geschichtliche Unterhaltungssendungen präsentieren Aufnahmen von Demonstrationen und Straßenkämpfen seriell in dramatischen und mystifizierenden Bildern neben dem Woodstock-Festival und der Mondlandung.


spw 231 – 02/19

Moderner und solidarischer Wohlfahrtsstaat

Nach einer längeren Phase des Konjunkturaufschwungs und der Haushaltsüberschüsse hat der Finanzminister ein Ende der „fetten Jahre“ angekündigt. Zwar sind die öffentlichen Investitionen angestiegen, bleiben jedoch weit hinter den gesellschaftlichen Bedarfen zurück. So dürfte der Rückgang der Steuereinnahmen durch eine schwächere Konjunktur mit der vollen Wirkung der Schuldenbremse zusammenfallen, die den Bundesländern ab dem Jahr 2020 die Aufnahme neuer Kredite verbietet. Angesichts der in Teilen krisenhaften Infrastrukturlücke steht somit eine verschärfte Debatte um die Wohlfahrtsstaatlichkeit bevor. Zu lange wurde neben der sozialen auch die ökonomische Bedeutung des Sozialstaates unterschätzt.


spw 230 – 01/19

Europa anders machen – Sozialunion statt Marktunion!

Europawahlen. Alle fünf Jahre ein ähnliches Ritual: die Parteien kramen ihre guten Absichtserklärungen für die Europapolitik hervor und reden sonst viel über Innenpolitisches. Nach dem Wahlgang wird unisono die niedrige Wahlbeteiligung bedauert – und dann geht es zur Tagesordnung über, die EU muss sich auf der politischen Agenda weit hinten einreihen. Ist es diesmal anders? Durch den Auftrieb der Rechtspopulisten in den letzten Jahren versichern viele Politikerinnen und Politiker, bei der Wahl des Europäischen Parlaments im Mai 2019 gehe es um eine Richtungsentscheidung, um eine Schicksalswahl, um die Zukunft des Kontinents.