Jahresregister 2015

Schwerpunkte

spw 211 – 06/15

Wissensarbeit und Hochschulpolitik

Die zunehmende Unsicherheit und Prekarisierung des akademischen Mittelbaus machen diese Ausgabe mehr als notwendig. Ja mehr noch: Im Grunde gibt es keinen akademischen Mittelbau mehr, wie es ihn noch in den 1970er Jahren gab; mit langfristiger Perspektive auch jenseits der Professur bspw. durch die damals neu geschaffenen Stellen der Akademischen Räte. Der akademische Mittelbau war damals, trotz aller damals schon vorhandenen Barrieren, im Aufbruch und eine nicht unerhebliche Fraktion des akademischen Mittelbaus war ein Hort kritischen Denkens geworden, insbesondere möglich geworden durch den Aus- und Aufbau kritischer Fakultäten wie an der Universität Hannover (dazu siehe z.B. Vester 1989).


spw 210 – 05/15

Gutes linkes Leben

Ein gutes Leben wünschen sich höchstwahrscheinlich alle Menschen in einer Gesellschaft. Doch die Palette an Antworten, wie dieses gute Leben denn konkret aussehen sollte, ist sehr heterogen. Lebensentwürfe sind emanzipierter geworden und vor allem jungen Menschen ist es wichtig, selbstbestimmt zu leben.
Gutes Leben braucht gute Lebensbedingungen und einen Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen wie z.B. zu Bildung, Finanzen, Mitbestimmung und sozialer Sicherung. Historisch wurde dies durch die ArbeiterInnenbewegung mit der Etablierung und dem Ausbau des modernen Wohlfahrtsstaats gegen die Interessen des Kapitals und der Monarchie erkämpft. Unter veränderten Bedingungen kann die politische Linke gesellschaftlichen Fortschritt und mehr Gerechtigkeit nur erreichen, wenn es ihr gelingt, diese Zugänge immer wieder zu erkämpfen, dem Wunsch nach mehr Teilhabe gerecht zu werden und so einen neuen Gesellschaftsvertrag für das 21. Jahrhundert zu ermöglichen. Aus diesem Grund müssen wir uns die Frage stellen, was denn aus linker Sicht ein gutes Leben ist oder sein kann.


spw 209 – 04/15

Unternehmen progressiv führen

Führende Vertreter der SPD versuchen sich in den letzten Monaten angesichts bescheidener Umfragewerte in einer Schärfung des Wirtschaftsprofils der Partei. Wirtschaftsprofil und Wirtschaftskompetenz wird dabei, ebenso wie in den meisten Leitmedien, unbewusst oder unhinterfragt gleichgesetzt mit Politik für Unternehmenseigentümer – übrigens auch entgegen der Verpflichtung einer Gemeinwohlorientierung von Eigentum durch das Grundgesetz. Angesichts einer eigenen fehlenden sozialdemokratischen Vorstellung davon, wie ein „guter Kapitalismus“ (Dullien/Herr/Kellermann 2009) oder eine „bessere Welt“ (Corneo 2015) aussehen könnte, wird dem mächtigen Einfluss von Unternehmensverbänden gefolgt, die niedrige Steuern, weniger Umweltauflagen, Gewerbeflächen auf der grünen Wiese und niedrige Löhne und Sozialabgaben fordern. Dazu wird noch etwas Geschichtsklitterung hinsichtlich des Erfolges der Agenda 2010 nachgeschoben – obwohl deren Arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitische Effekte höchst umstritten sind (Horn 2013, IAB 2013) – und das Ganze in ein Impulspapier mit dem Titel „starke Ideen für Deutschland 2015“ gepackt.


spw 208 – 03/15

Aufstieg der neuen Rechten?

Seit den 2000er Jahren verzeichnen rechtspopulistische Parteien in Europa beachtliche Wahlerfolge bis hin zur Regierungsbeteiligung. In Deutschland scheinen sich rechtspopulistische Strömungen durch Mobilisierungen wie Pegida und die Wahlerfolge der Alternative für Deutschland (AfD) im Aufwind zu befinden. Darüber hinaus lässt sich ein vielschichtiges Bild rechtsradikaler und rassistischer Bestrebungen beobachten, die von verbalen Auseinandersetzungen bis hin zu Gewalttaten reichen.


spw 207 – 02/15

Fonds als Motor sozial-ökologischer Investitionen?

Wie wir morgen leben und arbeiten, hängt stark von den heute und in der Vergangenheit getätigten Investitionen ab. Ist das Dach des Hauses dicht, in dem wir wohnen? Läuft die richtige Maschine im Betrieb, in dem wir arbeiten? Haben wir in einer Schule mit moderner Software lernen können? Bringt uns die S-Bahn pünktlich zur Arbeit? Kommt unser Strom vom Windrad oder aus dem Braunkohlekraftwerk?
Investition in einem breiten Sinne wird hier verstanden als der Einsatz von Geldmitteln zur Beschaffung von Kapitalgütern, die durch ihre Nutzung eine künftige Rendite erwirtschaften. Wer Investitionen tätigt, bestimmt mit, in welche Richtung sich die Ökonomie entwickelt und welche langfristigen Chancen und Risiken künftige Generationen vorfinden. Dabei spielen gesellschaftliche Herausforderungen und Trends, damit verbundene künftige Wünsche und Bedarfe der Menschen, technische Entwicklungen, die Verfügbarkeit von Ressourcen wie auch die politisch-staatlichen Rahmenbedingungen eine bedeutende Rolle. Diese Faktoren fließen in die Erwartungsbildung derjenigen ein, die die Verfügungsgewalt über die Ressourcen einer Volkswirtschaft haben.


spw 206 – 01/15

Gerechte Zeiten?

Es kommt wieder Schwung in die arbeitszeitpolitische Debatte. Aber anders als in den 1980er Jahren als es mit dem Kampf um die 35-Stundenwoche um die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit und um mehr Zeit „zum Leben, Lieben, Lachen“ ging, ist aktuell noch nicht die eine verbindende Formel gefunden, mit der die Arbeitszeiten kollektiv verändert werden sollen. Anders ausgedrückt, wenn Arbeitszeiten wieder Thema sind, ist damit noch nicht die Bewegungsrichtung und erst recht nicht die Interessenlage klar. Vielmehr zeigt die aktuelle Debatte bislang nur an, dass das gegenwärtige Arbeitszeitregime an Grenzen gelangt ist.