Schwerpunkte
- spw 259 – 02/2024: Sozialdemokratie nach der Europawahl
- spw 258 – 01/2024: Lange Linien linker Politik
spw 259 – 02/24
Sozialdemokratie nach der Europawahl
Die zentrale Frage der Beiträge dieses Heftschwerpunkts ist die nach der Ursache dafür, dass es der SPD nicht gelungen ist, im EU-Wahlkampf eine eigene europapolitische Handschrift zu entwickeln und diese in der politischen Kommunikation profilbildend zur Geltung zu bringen. Doch dass sich die Unzufriedenheit der Wählerinnen und Wähler mit der Ampel im Wahlergebnis der SPD widerspiegelt, ist kaum von der Hand zu weisen. Der Sozialdemokratie war es nicht vergönnt, einen eigenständigen europapolitischen Wahlkampf zu führen, der
die verworrene innenpolitische Konstellation
in Deutschland in den Hintergrund rücken und europäische Themen und Projekte in den Vordergrund hätte stellen können.
spw 258 – 01/24
Lange Linien linker Politik
Die Zeiten sind unübersichtlich, die Zahl der Krisen ist groß. Zu beobachten sind grundlegende Veränderungen der Art und Weise wie produziert und gearbeitet wird – Stichwort Digitalisierung – sowie Veränderungen der geopolitischen Achsen und der globalen Arbeitsteilung – Stichwort Aufstieg Chinas. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben zudem die Fragen von Krieg, Frieden sowie der militärischen Aufrüstung und Bündnisbildung bei der Entwicklung der internationalen Ordnung eine neue Dimension gewonnen.
Zugleich lässt sich eine immer stärkere Fragmentierung politischer Welten und politischer Diskurse beobachten. Dies fängt bereits bei der Wahrnehmung des eigenen Alltags und der eigenen Umgebung an.
Zudem sind nahezu alle größeren politischen und gesellschaftlichen Fragen in den letzten Jahren zumindest im öffentlichen Diskurs in einem Maße mit moralischen Argumentationen aufgeladen worden, die eine nüchterne und ggf. längerfristig angelegte Problemlösung erheblich erschweren. Die öffentliche Debatte über die Ausgestaltung der sozial-ökologischen Transformation oder die Frage des Einfrierens der Kriegshandlungen in der Ukraine sind Beispiele für Debatten, bei denen die Vielfalt der Grautöne aus dem Blick geraten ist. Die Reihe der Beispiele ließe sich fortsetzen, kaum ein aktuelles politisches Thema, das nicht unter ausschließlichen „richtig“ oder „falsch“ gelabelten Einordnungen diskutiert würde, und bei dem alles, was irgendwie als Versuch einer Kompromissfindung wahrgenommen wird, direkt als „Verrat“ oder zumindest „moralisch verwerflich“ gebrandmarkt würde. Es scheint mittlerweile in vielen auch linken Debatten die Fähigkeit zunehmend verloren zu gehen, längerfristige Perspektiven zu entwickeln, die Etappenschritte zu definieren, gesellschaftliche Mehrheiten suchen und dazu ggf. auch zur Kompromissbildung bereit zu sein.
Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung eines Diskursrahmens, der längerfristige politische Perspektiven öffnet, umso wichtiger.