Jahresregister 2005

Schwerpunkte

spw 146- 06/05

Europäisches Sozialmodell

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sind am 27. Oktober in Hampton Court zusammengekommen, um über die Zukunft Europas zu beraten. Bei dem alten Tudor Schloss handelt es sich um einen historischen Ort an dem der britische König Heinrich der VIIImehrere Ehefrauen umbringen ließ, um für neue Platz zu schaffen. Und auch diesmal gab es Gerüchte, dass der Gastgeber das alte Wirtschafts- und Sozialmodell des Kontinents in Jenseits befördern wolle, da in Zeiten der Globalisierung neue Bräute vielleicht nicht schöner seien, aber seiner Meinung nach zu mehr Wohlstand und Macht verhelfen würden. Die Meinungen darüber, welche die beste neue Braut sei, gingen allerdings weit auseinander. Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen der Regierungen der 25 Staaten darüber, was unter der „Erneuerung“ des europäischen Sozialmodells verstanden werden soll: Das Spektrum reicht von der Vorstellung, eine soziale Dimension wirtschaftlichen Handelns sei in der Globalisierung unmöglich und obsolet geworden, über den ehrlichen Versuch einer Stärkung durch Wandel bis zu einer Defensivhaltung, die jede Veränderung als Schwächung des Sozialen sieht.


spw 145 – 05/05

Volkspartei SPD?

Die Bundestagswahl ist vorüber. Sie hat in mehrerer Hinsicht eine Neuordnung im parlamentarischen System eingeleitet: Mit der Linkspartei.PDS ist eine neue politische Formation in den Bundestag eingerückt. Rot-Grün hat sieben Jahre nach parlamentarischer Umsetzung des sozial-ökologischen Projekts keine Mehrheit mehr. Gerhard Schröder hat für seine Politik keine neue Bestätigung erhalten. Aber auch CDU/CSU und FDP haben für ihren marktradikalen Neuanfang keine Mehrheit unter der Bevölkerung gefunden. Im Gegenteil: Seit 1998 hat das bürgerliche Lager (sofern wir die Grünen nicht dazu nehmen) kontinuierlich an Zustimmung verloren, das linke Lager aber ist gestärkt worden. Die Kommentatoren waren überrascht. Stehen wir vor einer ratlosen parlamentarischen Demokratie? Allein die Tage nach der Wahl haben gezeigt, wie ungewohnt und unbedarft die Verantwortlichen in der Politik mit dieser neuen Situation umgehen. 


spw 144- 04/05

Gewerkschaften

“Zukunft der gewerkschaftlichen Interessenvertretung” lautete der Titel der Frühjahrstagung von SPW und ProMS Nord, die in Kooperation mit der IG Metall Jugend im Bezirk Küste durchgeführt worden ist. Ca. 50 Teilnehmer aus der sozialdemokratischen Linken sowie aus der gewerkschaftlichen und betrieblichen Praxis diskutierten, wie die derzeitigen betrieblichen Realitäten zu fassen sind und wie eine gewerkschaftliche Antwort auf die ökonomische Krise und ihre Rückwirkungen auf die politische Sphäre aussehen kann.
Mit diesem Schwerpunktheft sollen diese Aspekte vertiefend aufgegriffen und dokumentiert werden.


spw 143 – 03/05

Job-Gipfel!

Nachdem erstmalig im Frühjahr 2005 die 5 Mio.-Grenze in der Arbeitslosenstatistik überschritten war, richtete sich die Aufmerksamkeit des Berliner Politik-  und Medienbetriebs kurzfristig auf die Misere des Arbeitsmarkts. Die mediale Inszenierung des „Jobgipfels“ fand nicht die erhoffte Aufmerksamkeit, unabhängig hiervon wäre auch sonst kaum mit konkreten Resultaten für mehr Beschäftigung zu rechnen gewesen. Erst die im April durch Franz Müntefering angestoßene Kapitalismusdebatte öffnete den Raum dafür, prekäre Arbeitsverhältnisse sowie den Beschäftigungsabbau großer Konzerne zu beachten.


spw 142 – 02/05

Partizipation & Demokratie

Wie ist es zu erklären, dass es kaum dauerhafte Gegenwehr zur momentanen Politik gibt, obwohl die soziale Polarisierung zunimmt und immer mehr lebendige Arbeitskraft ausgegrenzt wird? Ist unter den Bedingungen der neoliberalen Globalisierung gesellschaftliche Integration ein realistisches Ziel? Kann das Demokratieprinzip im jetzigen Zustand gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern? Welche, auch inhaltlichen, Bedingungen müssen erfüllt sein? Auf der Linken spielt immer noch die allgemeine Sozialismusdefinition des Ausspruchs der Assoziation der Freien und Gleichen, die gemeinsame Sache selbst zu regeln, eine Rolle: Integration durch Selbstentscheidung. Dazwischen steht die Genügsamkeit des parlamentarischen Regierungssystems, dass der erforderliche Zusammenhalt ohne Reform zu sichern sei: So stellt der Historiker Götz Aly die provokante These auf, die man zugespitzt in der Aussage zusammenfassen könnte, dass der deutsche Sozialstaat bislang funktioniert habe, weil ausschließlich Geld (als Grundlage jedweder sozialen Transferleistung) integriere, das immer zur Verfügung gestellt worden sei und erfolgreich Zustimmung erzeugt habe.


spw 141- 01/05

Internationale Sicherheit

Der brutale Anschlag auf die New Yorker Zwillingstürme des World-Trade-Center hat die Rahmenbedingungen politischen Handelns erheblich verändert (vgl. unsere Einleitung spw 122 “Terror & Krieg”, November/Dezember 2001). Die Deutungsmuster des US-amerikanischen Präsidenten, der den weltweiten Kampf gegen den Terror und für die Freiheit ausgerufen hat, sind wirkungsmächtig. Nach Afghanistan und Irak wird aktuell der Iran in das Visier genommen. Und abermals regt sich Widerstand. Sogar Tony Blair, der noch bei jedem Feldzug der Bush-Regierung mitgezogen ist, meldet Bedenken an. Gleichzeitig wird aber im US-Kongress über die Bereitstellung von 80 Mrd. für militärische Interventionen beraten.