Jahresregister 2013

Schwerpunkte

spw 199 – 06/13

Soziales und demokratisches Europa

Gegensätzlicher könnte es nicht sein: Im deutschen Bundestagswahlkampf wurde hinsichtlich europäischer Fragen in den Wohlfühlmodus geschaltet. Eine ernsthafte Beschäftigung mit unterschiedlichen Plänen zur Bekämpfung der Krise der Eurozone stand gar nicht erst zur Debatte. Die von der letzten, schwarz-gelben Bundesregierung und vielen Medien verordnete angebliche Glücksseligkeit des eigenen Landes als Musterschüler der Gemeinschaft scheint verfangen zu haben: Was kümmert uns das Elend der anderen?


spw 198 – 05/13

Integrative Stadtpolitik

Der 22. September 2013 war für die Sozialdemokraten ein Schock. Zum zweiten Mal in Folge ist es der SPD nicht gelungen, über die „30 Prozent-Marke“ zu springen und auch der Blick auf Deutschlandkarte mit der Einteilung der Wahlkreise sieht düster aus. Nur vereinzelt tauchen rote Flecken aus der schwarzen Fläche auf. Wer aus der Bundestagswahl die richtigen Schlüsse ziehen möchte, der sollte dennoch nicht den Blick entsetzt abwenden. Vielmehr ist es notwendig, sich die Struktur der roten Flecken genauer anzuschauen und auch zu betrachten bei welchen Wahlen die SPD in den letzten Jahren erfolgreich gewesen ist.


spw 197- 04/13

Global Player

Die Empörung der hiesigen Konsumenten schlägt einmal mehr hohe Wellen. Apple Inc. lässt wesentliche Komponenten vom chinesischen Zulieferer Foxconn fertigen, der seine Arbeitskräfte unter mehr als fragwürdigen Bedingungen beschäftigt. Europäische Textilhändler beziehen ihre Produkte von ostasiatischen Herstellern. Im April diesen Jahres stürzte das Fabrikgebäude eines Zulieferers ein – dabei starben mehr als tausend Menschen in den Trümmern. Der heimische Verkauf von in Deutschland produzierter Babymilch wird kontingentiert, weil die Nachfrage aus und der private Export nach China den deutschen Markt leer räumen.


spw 196 – 03/13

Pfadwechsel!

Bewunderer wie Kritiker waren sich im Stillen einig: Die „Eiserne Lady“ lebt – in Gestalt ihres politischern Nachlasses. Für manche ist das befremdlich. Für uns ist es vor allem eine Herausforderung. Nicht nur, dass die Maßnahmen der Finanzmarktregulierung relativ spärlich ausfielen. Die tonangebende Kräftekonstellation in Europa, allen voran in Berlin, hat das Kunststück vollbracht, die Krise als eine Staatsschuldenkrise umzudeuten. Im Süden Europas wälzt die Politik mittels beispielloser Sparpakete die Kosten der Krise auf die weniger und unterprivilegierten Milieus ab. Zugleich erklingt von neuem eine altbekannte Melodie: Arbeitnehmerrechte seien ein Hindernis für Wachstum und würden den Abbau von Arbeitslosigkeit verhindern. Allerdings tönt sie diesmal aus Fanfaren, die ganze wohlfahrtsstaatliche Pfade in Frage stellen: Zur Disposition stehen unter anderem Tarifautonomie, Renten, die Wasservorsorgung als öffentliches Gut und die Lebensperspektiven ganzer Generationen.


spw 195 – 02/13

Entgrenzte Arbeitswelten

„Die Zunahme der Arbeitsunfähigkeiten aufgrund psychischer Erkrankungen ist seit etwa 15 Jahren die bei weitem auffälligste Entwicklung im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen“. Mit diesen Worten bringt der DAK-Gesundheitsreport 2013 einen Trend auf den Punkt, der in der öffentlichen Wahrnehmung eng mit Begriffen wie Burnout-Syndrom, Stress und ständiger Erreichbarkeit verbunden ist.
Der in der Statistik erkennbare Anstieg von offen bezeichneten psychischen Erkrankungen macht deutlich, dass es sich nicht um ein exklusives Krankheitsbild von wenigen im Sport- und Showgeschäft handelt, sondern in der Bevölkerung als Ganzes wahrgenommen und erlitten wird. Die in der Öffentlichkeit hervorgehobenen Erkrankungen des „Ausgebrannt Seins“ von Prominenten sind demnach nur die Spitze eines Eisbergs.


spw 194 – 01/13

Brüche und Kontinuitäten

„Der neue Golf gratuliert der SPD zum 150. Geburtstag“, hupt das Modell mit Sonderausstattung dem Leser von Seite zwei der vorwärts-Sonderausgabe entgegen. Daneben wird Heinrich Heine verpflichtet, mit Auszügen aus Deutschland – ein Wintermärchen. Sozialdemokratie ist kein kommerzielles Produkt. Und doch kann ihre Geschichte, entsprechend erzählt, zum Marketinginstrument der Politik werden.
Die SPD feiert am Jahrestag der Gründung des ADAV am 23. Mai 2013 ihr 150-jähriges Jubiläum. Grund genug, auch aus linker Perspektive auf die Entwicklung der Sozialdemokratie zu blicken. Die Beschäftigung mit der eigenen Historie trägt stets Züge gegenwartsgebundener Selbstreflexion mit sich. Nicht selten verdeutlicht der Blick zurück auch Verunsicherungen, die Bedürfnisse nach Orientierung und Selbstverständigung sowie Erklärungsversuche des aktuellen Handelns. Denn Parteigeschichte – besser, die Definitionshoheit über sie – ist symbolisches Kapital, das besonders politischen Akteuren als Legitimationsressource dient. Sie müssen ihr tagespolitisches und (macht)interessengeleitetes Handeln anlänger währende Ideen und normative Werte zurückbinden, wenn sie das soziale Kapital bzw. Vertrauen der Mitglieder und ihrer WählerInnenklientele erhalten wollen.