Heft261 – 04/2024
Kurzum (261)
#orientierungsrahmen #spw

Foto: © SPD/SK/MK
Claudia Walther ist Mitherausgeberin der spw. Sie ist Co-Vorsitzende der Kölner SPD, Mitkoordinatorin des Europa-Arbeitskreises der SPD Mittelrhein und ist beruflich bei der Bertelsmann Stiftung tätig zu den Themen Migration, Integration und Vielfalt in Kommunen.
VON CLAUDIA WALTHER
Am 6. November folgte dem Sieg Donald Trumps abends die Auflösung der Ampel. Wie konnte es so weit kommen, dass Donald Trump die Mehrheit in beiden Kammern erhält?
„It’s the economy, stupid!” Dieser Wahlkampf-Slogan von Bill Clinton von 1992 bringt es auf den Punkt. Abstiegsängste, Verunsicherungen durch Krisen, Verteilungskämpfe sind das Gift, das Spaltungsprozesse vorantreibt und eine Politik der Abschottung fördert.
„Make America great again“ scheint für viele der Ausweg, für den sie in Kauf nehmen, einen narzisstischen Rechtsbrecher zu wählen. Doch nur Economy allein wäre zu einfach. Frauenfeindlichkeit bzw. Machismus und Rassismus spielen hier ebenfalls eine Rolle. Noch nie war eine Frau US-Präsidentin. Für viele scheint das unvorstellbar. Erst recht eine „schwarze“ Frau war selbst für viele Amerikaner mit ausländischen Wurzeln nicht wählbar. Hinzu kommt die Angst vor Veränderungen, sei es durch Kriege, Klimawandel oder Globalisierung.
Um die Wirtschaft geht es auch beim Bruch der Ampel-Koalition. An der Schuldenbremse entscheidet sich, ob Investitionen in Infrastruktur und Transformation möglich sind. Die FDP hatte sich klar dagegen entschieden. Der dadurch bedingte Stillstand war unerträglich. Wirtschafts-Institute und Expert:innen waren sich zuletzt einig, dass 500 – 800 Milliarden Euro (bis 2030) zusätzliche öffentliche
Investitionen in die Transformation erforderlich sind. Hinzu kommt noch einmal ein Vielfaches an privaten Investitionen, die durch diese öffentlichen Investitionen angestoßen werden müssen. Hierbei geht es vor allem um die Bewältigung der Energiewende, um Digitalisierung sowie um die Sanierung der teilweise maroden Infrastruktur. Nicht zuletzt geht es um die Bahn, deren Funktionieren für die Verkehrswende unerlässlich ist. Wer für diese Transformation kein Geld in die Hand nimmt, riskiert, dass Leute noch mehr Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates verlieren, dass sie Anstrengungen für Klimaschutz und Energiewende vermeiden oder ablehnen, weil es für sie zu teuer kommt und dass noch mehr Angst vor Veränderungen
geschürt wird. Auch hierzulande zeigen sich Verteilungskämpfe. Sie äußern sich im schrillen öffentlichen und politischen Diskurs gegen Geflüchtete, versteckt und verpackt unter dem Namen „irreguläre Migration“. Schon Seehofer hat die „Migration als Mutter aller Probleme“ bezeichnet. Dass diese Deutung teilweise Einzug in Äußerungen aller Parteien findet, ist beschämend. Es ist das alte Sündenbockphänomen: je mehr Krise, desto stärker das Bashing gegen vermeintliche „Sündenböcke“, verkörpert in Rassismus und Antisemitismus.
Die SPD braucht stattdessen ein klares Bekenntnis zu den Chancen der Migration, ob durch Fachkräftezuwanderung oder Arbeitsintegration von Geflüchteten.
Kurzum: Wir brauchen keine halbherzige Politik, sondern eine „Soziale Politik für Dich“ in großem Stil! Mit einer Reform der Schuldenbremse müssen tatsächliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Erneuerbare Energien und in sozialen Zusammenhalt ermöglicht werden. Früh investieren, statt spät reparieren, das sollte unser Grundsatz sein, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken! Auch gerade für die bevorstehenden Bundestagswahlen.